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Interview

 

Interview mit dem Architekt der Spezaria

 

Das Interview wurde im Rahmen einer Studienarbeit von Fränzi Lütte im Januar 20009 durchgeführt.

Fränzi Lütte

Was gefällt dir persönlich am besten an der Spezaria?

Remo Vogel

Die Voraussetzungen für den Betrieb der Spezaria waren sehr anspruchsvoll. Die Grösse der Küche und die Anzahl der Gastplätze sehen einen entsprechend hohen Umsatz vor. Um diesem gerecht zu werden und die weiteren Ansprüche der Bauherrschaft betreffend Mittags- und Abendkonzept einfliessen zu lassen, wurde auf ein multifunktionales Konzept gesetzt. Es ist einfacher und klarer, ein Restaurant mit einem Konzept, d.h. einer Typologie zu gestalten. Ich denke, bei der Spezaria ist dieser „Spagat“ recht gut gelungen.

Wichtigstes Element, und gleichzeitig definierendes räumliches Merkmal, ist das funktionale Buffet. Dieses amtet am Mittag als Selbstbedienungsbuffet, wobei der Gast sein Tablett auf optimaler Höhe selber füllen darf. Am Abend wandelt sich das Buffet zur Bar. Die Höhenverstellbarkeit der Theke bringt das Buffet ästhetisch in Einklang mit der jeweiligen Nutzung des Restaurants.

 

Was ist die Philosophie dahinter?

 

Beim Mittagstisch wurde ein Selbstbedienungskonzept gewünscht. Dies bedeutet höhere Gästekapazität, weniger Servicepersonal und effizientere, daher kürzere Aufenthaltszeiten der Gäste. Dieses Angebot richtet sich vor allem an die Geschäftsleute in und um Rheinfelden. Der aktuelle Betrieb zeigt, dass dies – auch dank des guten Teams dahinter – reibungslos funktioniert. Die Qualität stimmt auf der funktionalen wie auf der kulinarischen Ebene.

Beim Abendbetrieb steigt das Buffet in die Höhe – es wird zur Bar. Das Buffet steht jetzt dezent im Raum, es dient als Treffpunkt, als Bar und als ruhiger Pol in der Mitte. Die Funktionalität ist immer noch da aber die Ruhe ist eingekehrt. So kann der Gast verwöhnt werden und das Gesicht der Spezaria wird mit einfachen Handgriffen komplett verändert.

 

Was waren die Vorschriften?

 

Es gibt unzählige Vorschriften. Einerseits die „harten Facts“ des Gesetzes betreffend Brandschutz, Arbeitsplätze, Klima und nicht zuletzt Energie. Dazu kommen die heutigen Standards der Geräte, der Ausstattung und der dazugehörigen Versorgungseinrichtungen, wie z.B. die Kühlaggregate, die Qualität des Wassers, die Lüftung, die energetischen Massnahmen etc.

Mindestens ebenso wichtig sind die Wünsche und Vorgaben der Bauherrschaft und der Betreiber. Diese optimal umzusetzen ist die Aufgabe des Architekten. Am Ende müssen alle zufrieden, die Vorschriften eingehalten, der Betrieb reibungslos möglich und die architektonischen und ästhetischen Ansprüche erfüllt sein.

 

Was waren deine eigenen Ideen und mit welcher Begründung?

 

Die Hülle des Restaurants war gegeben, die Zugänge und die innere Gebäudeorganisation mit Treppenhäusern, Liften und Sanitäranlagen waren bereits gebaut. Ich hatte die grosse Chance, von Anfang an mit dem Projektentwicklungsteam das räumliche Konzept zu entwickeln. So wurden Fragen diskutiert, wie gross das ganze sein soll, wo die dienenden und wo die öffentlichen Flächen sein sollen, wie die Logistik für den Betrieb aussehen soll...

Nach der Konzeptphase habe ich die Projektleitung übernommen. Für mich persönlich war dies die erste Gaststätte die ich planen und umsetzen durfte. Mit viel Recherchearbeit, Analyse bestehender Objekte und Gesprächen mit Fachkräften nahm ich mich der Aufgabe an. Die Bauherrschaft brachte mir grosses Vertrauen entgegen. Diese Zusammenarbeit war sehr befriedigend und liess ein Konzept mit einer stringenten Linie entstehen. Zusammen mit meinem Team entwickelten wir die genaue Form und Funktionalität des Buffets, die innere Organisation der Küche, die Gestaltung des Gastraumes bis hin zu der Auswahl der Tische und Stühle. Die Tische stammen von einem Schreinereibetrieb der Region und die Stühle wurden in der Innerschweiz hergestellt. Dies unterstützt den lokalen Gedanken und das nachhaltige Konzept der Spezaria.

 

Wieso die Farben Gelb und Grün? Und die anderen Farben?

 

Das Farbkonzept der Spezaria wurde in Zusammenarbeit mit einem Rheinfelder Künstler entwickelt. Ettore Antonini hat ebenso die farbliche Gestaltung sämtlicher Sanitäranlagen sowie des Fitnessstudios im Erdgeschosses des Dienstleistungszentrums B15 konzipiert.

Die Farben wurden bewusst auch in der Küche, in den Mitarbeiterbereichen bis hin zu den Garderoben verwendet. Alle sind Teil der Spezaria, der Gast und die Mitarbeiter dürfen dies spüren und fühlen. Farben bereichern unser Leben und haben auch immer eine Wirkung. Als Beispiel vielleicht die Farbe Grün in dem Küchenbereich, grün wirkt ausgleichend, nervenstärkend und fördert die kreativen Energien. Gleichzeitig zeigt uns das Grün in einem subjektiven Sinn, dass alles ordnungsgemäss und positiv ist. So lässt sich arbeiten. Das Grün unterstützt auch das Konzept der Spezaria mit frischen Produkten und fröhlich zu arbeiten. Das passt doch zu der Spezaria, oder?

 

Dienen die Farbfilzstreifen zur reinen Deko oder zur Funktion?

 

Hinter den Filzstreifen stehen zwei Gedanken. Einerseits wurde der akustische Effekt höher eingestuft als er sich herausgestellt hat, leider. Andererseits war es ein Anliegen, der Wand eine gewisse Tiefe zu geben. Das Licht soll hinter der Filzschicht hervortreten können und die Funktionalität (jeder Tisch in der Spezaria ist mit einer Steckdose ausgestattet, die Spezaria soll zum Verweilen anregen) der Wand soll nicht im Vordergrund stehen. Die Farben der Filzstreifen harmonieren mit der Wandfarbe und der Effekt wird dadurch verstärkt.

 

Die Spezaria besteht ja nicht nur aus den Farben Gelb und Grün, weshalb hast du so viele verschiedene Farben verwendet?

 

Ich habe Ettore grundsätzlich freie Hand bei dem Farbkonzept gelassen. Er unterbreitet uns drei Vorschläge. Meine Vorstellung der Gestaltung war ein Restaurant mit verschiedenen Bereichen, der Gast soll seinen ihm wohlsten Platz aussuchen können. Es gibt den eher kommunikativen Treffpunkt mit der Lounge und dem sechs Meter langen Tisch, dort will geredet, diskutiert, geschaut und kennengelernt werden. Die Bar und das Buffet dienen als unkomplizierte Begegnungszone, man sitzt auf Barhockern oder steht, bestellt, kommt in Kontakt, geht und kommt wieder. Der langgezogene Bereich im hinteren Teil ist der intimere und ruhigere, die Tische werden kleiner, die Gespräche persönlicher. Die Farben widerspiegeln unter anderem diese Vielseitigkeit. Schlussendlich haben alle drei Farbkonzepte in Kombination ihren Weg in die Spezaria gefunden.

 

Was ist die Absicht der grossen Lampe?

 

Die Beleuchtung soll eine zweite Ebene zu der Decke bilden. Dadurch wird eine aufwendige Zwischendecke mit Revisionsöffnungen und Durchlässen für die Lüftung überflüssig. Zwei Decken bedeuten in einem öffentlichen Gebäude einen nicht zu unterschätzenden Mehraufwand. Durch die flächigen, grossformatigen Lampen konnte die Höhe des Raumes und das Konzept der Einfachheit beibehalten werden.

Auch die „kleinen“ Hängelampen haben immerhin zwei Meter Durchmesser. Die grosse im vorderen Bereich misst genau vier Meter. Es sind alle Spezialanfertigungen einer Ostschweizer Leuchtenfirma zusammen mit einer Spanndeckenfirma aus dem Berner Oberland.

Auch dieses Projekt verfügte nicht über unmässig viel Kapital. Dies erfordert Ideen, mit tieferen Gedanken dahinter. Die Spezialanfertigung der Leuchten war nicht teurer als gängige Produkte. Nur gab es keine Produkte ab Band in dieser Form und Grösse.

 

Weshalb hast du dunkles Holz gewählt und nicht helles?

 

Das gesamte Holz der Spezaria ist Eichenholz. Das Buffet wurde mit einer Räuchereiche – übrigens auch Parkett – belegt und weist eine entsprechend hohe Nutzschicht auf. Die Tische, die Garderobe und sämtliche Einbaumöbel wurden aus dunkel gebeizter Eiche hergestellt. Als Boden wurde ein grau geöltes – somit helleres Eichenholz –  und „vorgealtertes“ Parkett mit ebenfalls einer sehr grossen Nutzschicht verwendet. Die dunkleren Einrichtungen und das Buffet stehen als farblicher Kontrast auf dem helleren Parkett.

Die Spezaria besteht sozusagen nur aus Eichenholz in verschiedenen Tönen und dem Farbkonzept an den Wänden. Die Decke soll als „rohes“ Material diese Reduktion der Materialität nicht stören. Denn genau dieser spartanische Umgang mit der Materialität macht das klare verständliche Konzept der Spezaria aus.

 

Weshalb muss die Decke so bleiben? -> nicht verputzt?

 

Meiner Meinung nach kann sich nur die ehrliche Architektur solche Sachen leisten. In der Spezaria wurden die Aussenwände wegen des Minergiestandards innen nochmals gedämmt, die inneren Wände sind aus wasserfestem Gipskarton und der Boden besteht aus einem aufgeständerten Hohlboden in welchem die kompletten Leitungen untergebracht sind. Alle diese Elemente mussten mit einer Schicht bedeckt werden. Am Boden ist das ein Epoxydharzbelag im Hinterbereich oder ein Eichenparkett im Gastraum, die Wände wurden mit Zweikomponentenfarbe gemäss Farbkonzept gestrichen und die Betondecke nahm die Lüftung und gewisse elektrische Versorgung auf und musste zugänglich bleiben. Sie wurde sozusagen durch die heruntergehängte Ebene der grossflächigen Lampen, die mit einer Spanndecke bezogen sind, abgedeckt.

 

Die Toiletten sind im Treppenhaus einen Stock weiter unter. Gab es keine bessere Idee?

 

Bei jedem Gebäude oder Haus gibt es immer eine gewisse Hierarchie der Räume. Meistens ist der Platz in der horizontalen Dimension beschränkt, meistens ist es auch sinnvoll die horizontale Ausdehnung zu beschränken. Die Diskussion zu Verdichtung des überbauten Raumes findet bereits in der Öffentlichkeit statt. Im Dienstleistungszentrum B15 ist das nicht anders. Der Platz ebenerdig zur Piazza, dem Innenhof ist gegeben. Durch die Erschliessung inkl. zwei Liften wird die Behindertengängigkeit gewährleistet. Die grosszügigen Sanitäranlagen, wie auch die Mitarbeitergarderoben wurden deswegen im 1. Untergeschoss angeordnet.

 

Weshalb hast du einen Schlauch als Küche gewählt?

 

Das Konzept hinter dem Küchenbereich ordnet sich einer klaren Logistik unter. Die Anlieferung wie auch die Administrationsfläche wurde an der Fassade mit direkter Anlieferung angeordnet. Die räumliche Aufteilung setzt den Gastraum an die Aussenfassade mit spannendem Ausblick auf den Innenhof und die Strassen mit dem neuen Lokikreisel. Das Lager und die Produktionsküche wurden in logischer Anordnung zwischen die Multifunktionsräume und den Gastraum gelegt. Die lange Theke in der Küche soll diesen Ablauf von dem Rohprodukt über die Vorbereitungsarbeiten bis zu der Zubereitung für das fertige Gericht unterstützen. Der „Schlauch“ – wie Du ihn nennst –  spiegelt den Produktionszyklus wider.

 

Der Abwaschraum steht in der Mitte der Küche? Ist dies gewollt?

 

Die Abwäscherei ist ein wichtiger Teil eines Restaurants. Das schmutzige Geschirr und die benutzten Küchengeräte werden hier gereinigt um wieder an ihren Standort versorgt zu werden. Hier wird ein grosser Durchlauf produziert und entsprechen viel Lärm verursacht.

Auch in der Küche gibt es schmutzige und saubere Bereiche. Zu dem „schmutzigen“ Bereich zählt unter anderem der ganze Rüst- und Vorbereitungsbereich. Die Produktion mit den ganzen Küchengeräten zählt zu dem sauberen Bereich. Die Abwäscherei wurde genau an dieser Schnittstelle geplant. Dies ist ein Beispiel für die harten Facts der Vorschriften und Gesetze, welche eingehalten werden müssen.

 

Hast du dir über die Form des Buffets auch Gedanken gemacht?

 

Ich habe mir über alles und jegliches in der Spezaria sehr viele Gedanken gemacht. Das hat auch enorm viel Spass gemacht.

Das Buffet in der Spezaria muss extrem viel Funktionalität gewährleisten. In Zusammenarbeit mit dem vorgesehenen Betreiber wurde ein Ablaufkonzept entwickelt. Dies sieht vor, dass das Buffet am Mittag funktional und logisch aufgebaut ist und in den restlichen Zeiten wie am Abend als raumdefinierendes Element wirkt. Es sollte kein riesiger Raum mit Tischen entstehen, der Gast soll eine gewisse Geborgenheit spüren. Dazu gehört sicher das Sehen und Gesehen werden, wie aber auch ansprechende „Versteckmöglichkeiten“ für eine gewisse Intimität des Aufenthaltes.

Das Buffet schliesst sozusagen nahtlos an die Produktionsküche an. Es beinhaltet sehr viele Funktionen wie das Front Cooking, die Kassen, die Barrista Kaffemaschine, viele Kühlstellen, die Glacétheke, das Salatbuffet, die Dessertvitrine, das Beilagenbuffet und die Bar. Wichtig für ein Buffet ist die Funktionalität und die Wirkung dem Gast gegenüber. Für die ästhetische Wirkung sollte eine Buffet sozusagen keinen Unterbruch haben, für die Funktionalität sollte der Durchgang möglichst überall möglich sein. Die zwei Öffnungen sind strategisch angeordnet um die beiden Bereiche für die Gäste optimal zu erschliessen und dennoch das Bild des riesigen Buffets nicht zu gefährden.

Die Form entwickelt sich aus dem gesamten Buffet. Die Bar als spezieller Teil soll die räumliche Form des ruhigeren, langgestreckten Gastraumes verstärken. Die gerade Form übernimmt diese Funktion.

 

Was hat der 20er Tisch für eine Wirkung?

 

Die Spezaria soll als Treffpunkt und Mittelpunkt eines ganzen Quartiers fungieren können. Der grosse sechs Meter lange und überbreite Tisch soll dazu anregen und grossen Gruppen wie auch einzelnen Gästen Platz bieten. Er steht als markantes Element im Gastraum bietet die Möglichkeit sich zu setzen oder sich auch hinzu zu setzen.

 

Hättest du einige Sachen anders gewollt?

 

Dies ist der Anspruch und der Stolz des Architekten. Wir sind dazu da jede äussere und innere Bedingung so zu verstehen und umzusetzen, damit am Schluss ein in sich stimmiges Ganzes entsteht.

 

Was würdest du jetzt anders machen und weshalb?

 

Eine architektonische Aufgabe ist immer einmalig. Jedes Projekt wird genau für die jeweilige Nutzung und den spezifischen Ort entwickelt. Und jede Umgebung und jede Aufgabe bringt verschiedene Ansätze und Lösungen mit sich. Ich wünsche mir noch vieles anders zu machen und weiter zu entwickeln, zu perfektionieren. Aber mit der Spezaria, als mein „Erstlingswerk“ welches ich von Projektidee bis zur Auswahl des Geschirrs begleiten durfte, bin ich ganz zufrieden. Mit dem Wissen, dass ein engagiertes und freudiges Team die gesamten Überlegungen umzusetzen weiss, bin ich sehr glücklich und wünsche der ganzen Spezaria weiterhin viel Erfolg und den Gästen einen guten Appetit und viele freudige Stunden in der Spezaria an der Baslerstrasse 15.

   

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Remo Vogel, dipl. Architekt ETH SIA, www.vzwei.ch
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Oristalstrasse 12, 4410 Liestal